Essen und Trinken in der Pfalz
Kochrezepte, Spezialitäten aus der Pfalz
Wie jede andere Region auch hat die Pfalz ihre ganz speziellen Besonderheiten bis hin zu manchen verschrobenen Charakterzügen. Für die Pfälzer definiert sich ihre Heimat über die außerhalb der Landesgrenzen unverständliche Mundart, ihre Sitten, Gebräuche und ganz besonders das Essen und Trinken. „Wer nicht ordentlich isst, der kann auch nicht ordentlich schaffe“, lautet ein beliebter Wahlspruch, der die Einstellung der Pfälzer zu ihrer Küche deutlich zum Ausdruck bringt.
Die Pfälzer Küche ist überwiegend deftig, kräftig und vor allem herzhaft. Das wohl berühmteste und zugleich berüchtigte Gericht des Pfälzer Saumagens wurde von dem aus dieser Gegend stammenden ehemaligen Bundeskanzler europaweit populär gemacht. Dabei graust man sich ohne Grund vor dieser derb klingenden Köstlichkeit der Pfälzer Küche. Der Saumagen ist nichts anderes als eine vorzügliche Fleischpastete, in die neben gewürfeltem Schweinefleisch viel Kartoffeln, Karotten, Lauch, Zwiebeln und allerlei Gewürze verarbeitet werden. Nur die Hülle, die das Ganze zusammenhält, ist ein Schweinemagen, wie die Pelle beim Wiener Würstchen, vor dem sich ja auch niemand ekelt. Man mag sich von dem Namen dieser Spezialität abschrecken lassen, doch wer einen einzigen Bissen davon gekostet hat, gehört zu ihren bedingungslosen Bewunderern. Mit Sauerkraut, herzhaftem Bauernbrot oder Kartoffelbrei, wie das Püree in der Pfalz heißt, ist es ein Hochgenuss. Feinschmecker fügen den genannten Zutaten noch Keschte (pfälzisch für Maronen oder Esskastanien) hinzu, was den Saumagen letztlich zur Delikatesse macht.
Diese Maronen waren es übrigens, die der Gräfin Eva von Neuleiningen das Leben retteten. Als während des Bauernkriegs die aufgebrachten Landmänner die gräfliche Burg stürmen und ihre Bewohner in gerechtem Zorn meucheln wollten, lud Gräfin Eva die Bauern mutig zum Essen ein und servierte ihnen Rotkraut mit Keschte, was die Mord- und Zerstörungslust der marodierenden Männer sofort in Appetit und friedliches Wohlverhalten umschlagen ließ.
Kirscheplotzer ist ein Leibgericht, das in der Pfalz nicht nur die Kinder mehrmals wöchentlich essen wollen. Der Kirschauflauf wird aus altbackenen Brötchen, Eiern, Milch, Zucker und Sauerkirschen im Ofen gebacken und so heiß wie möglich gegessen. Dieses Gericht soll schon den englischen König Richard Löwenherz vor dem Hungertod bewahrt haben, als er auf der Rückkehr von einem Kreuzzug in der Pfalz gefangen genommen wurde. In einem finsteren Kerker der Kaiserburg Trifels bei Annweiler schmachtete der König vor sich hin und hoffte auf Rettung. Dem Sänger Blondel, der singend von Burg zu Burg zog, war es schließlich vergönnt, seinen Herrn mittels eines nur dem König bekannten Lieds zu entdecken und ihn mit einigen mutigen Rittern in einem Handstreich zu befreien.
Frugal und doch sehr lecker kann die Kombination „Weißer Käse mit Gequellde“ bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um mit Sahne, Milch, Salz und viel Schnittlauch verfeinerten Quark, zu dem eben Gequellde, sprich Pellkartoffeln, gereicht werden. Früher ein Armeleuteessen, das es heute auf die Speisekarte jeder Weinstube, die etwas auf sich hält, geschafft hat. Es ist auch ein beliebtes Freitagsgericht, da in der überwiegend katholischen Pfalz der Verzehr von Fleisch an Freitagen streng verboten war.
Als Gott mit dem Teufel um einzelne Gebiete gerungen hat, wollte Satan die Pfalz Gott nur überlassen, wenn dieser vor ihm auf die Knie fiel und ihn anbetete. Gott seufzte resigniert ob dieser Zumutung und betrachtete mit Bedauern das wunderschöne Land mit seinen fruchtbaren Feldern, Weinbergen, Wäldern und Hügeln. Schließlich sagte er nur „Bhalts!“, was eben in Pfalz umgedichtet wurde. Dampfnudeln mit Weinsoße ist ein göttliches und teuflisches Gericht zugleich. Die in Fett und Wasser gebackenen Hefeklöße, die mit der perlenden, verführerischen Weinschaumcreme serviert werden, schmecken wundervoll – können jedoch je nach Alkoholgehalt in der Weinsoße gar hinterlistige Auswirkungen, wie Müdigkeit oder schwere Glieder auf das anschließende Wohlbefinden haben. Ein Mittagsschlaf nach diesem Essen leistet hier gute Dienste.
Die Pfalz liebt es gehaltvoll und steht vor allem auch dazu. Früher mussten die Menschen schwere körperliche Feldarbeit verrichten und konnten diese Art von Ernährung folglich gut wegstecken. Heute werden diese Spezialitäten in geringeren Mengen auf den Teller gebracht, was dem Genuss jedoch keinerlei Abbruch tut. Ein Viertel guten Pfälzer Wein dazu, und so manches Gericht, das früher aus Mangel an höherwertigeren Zutaten auf den Tisch kam, ist und bleibt eine Pfälzer Delikatesse, nach der sich auch so mancher Nichtpfälzer alle Finger leckt.